Eine kurze Einführung in die Amtsheraldik der katholischen Bischöfe

Der nachstehende Text stellt eine Zusammenfassung des Vortrags dar, den ich am 15. September 2012 in Hannover bei der »KLEEBLATT«-Veranstaltung »HERALDIK PUR – Tag der Wappenkunde« hielt.

Eine Verwendung des Textes oder der Abbildungen durch Dritte bedarf meiner ausdrücklicher Zustimmung.

 

Inhaltsübersicht

  1. Die Anfänge
  2. Die kirchenrechtlichen Grundlagen
  3. Die gültigen Gestaltungsregeln
  4. Literaturhinweise

 

 

1. Die Anfänge

Die allgemeinen Anfänge der Heraldik können als bekannt vorausgesetzt werden. Die Besonderheit bei Geistlichen war, dass sie sich nicht ins Kampfgetümmel stürzen sollten. Im Laufe der Zeit wurden die geistlichen Fürsten (Bischöfe, Äbte usf.) jedoch zu wichtigen Territorialherren im Heiligen Römischen Reich. Damit hatten auch sie Aufgebote für kämpferische Auseinandersetzungen zu stellen oder Urkunden zu beglaubigen.

So nahmen auch die Kirchenfürsten Wappen an, siegelten mit ihnen und schufen Fahnen als Feldzeichen, wie auch die Zürcher Wappenrolle von 1335/45 belegt.

 
Zürcher Wappenrolle, um 1335/45   Ulrich von Richenthal,
Konzil zu Konstanz, 1420/30

 

Die Tendenz bestand noch darin, allzu kriegerische Symbole zu vermeiden – obwohl schon der Schild an sich einen Teil der Bewaffnung darstellt. Noch wurden aber keine Helme in Klerikerwappen geführt. Stattdessen zeigten die Oberwappen Mitra, Vortragekreuz, Krummstab, (Richt )Schwert oder einen Pilgerhut mit Quasten.

So werden etwa die Amtswappen der Bischöfe von Konstanz, Augsburg, Straßburg und Basel in Ulrich von Richenthals Wappenbuch zum Konzil zu Konstanz (1420/30) dargestellt. Dem ähneln auch die Wiedergaben der Wappen der Erzbistümer Mainz, Köln und Trier in Conrad Grünenbergs Wappenbuch von ca. 1483 oder die Wappen der (Erz-)Bistümer im sogenannten Alten Siebmacher von 1605.

 
Conrad Grünenbergs Wappenbuch, um 1483   Alter Siebmacher, 1605

 

Später nahm der Prunk zu, wie das Wappen von Johann Egenolph von Knöringen belegt, der von 1573 bis 1575 Bischof von Augsburg war und in Ströhls Heraldischem Atlas auf Tf. XLIII abgebildet ist.

Johann Egenolph von Knöringen,
1573-1575 Bischof von Augsburg (Ströhl, Heraldischer Atlas, Tf. XLIII)

Klare Regeln wurden erst im Laufe von Jahrhunderten schrittweise eingeführt.

 

2. Die kirchenrechtlichen Grundlagen

Typisch für die katholische Kirche war, dass kein homogenes Regelwerk in einem einzigen Rechtsakt geschaffen wurde. Stattdessen erwuchsen über Jahrhunderte hinweg Traditionen und Regeln, die sich teilweise widersprachen bzw. Interpretationslücken aufwiesen. Die wesentlichen Normierungen finden sich in vier päpstlichen Dekreten aus den Jahren 1644, 1832, 1905 und 1969, die als kanonisches Recht für katholische Amtsträger verbindlich sind.

Trotz allem existiert bis heute keine zentrale Prüfinstanz wie etwa ein Heroldsamt und es gibt auch keine Hinterlegungspflicht in einer Art kirchenamtlichen Wappenrolle!

Hier muss der Name des wohl bedeutendstes Kirchenheraldikers des 20. Jahrhunderts genannt werden. Dies war (Titular )Erzbischof Bruno Bernhard Heim (1911–2003). Der gebürtige Schweizer und erste Nuntius in London nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen 1972 war ein ausgezeichneter heraldischer Künstler und entwarf sogar vier Papstwappen. In Heims Publikationen findet sich auch die Vielfalt der Würdezeichen der katholischen Universalkirche wieder. Zuvor trat insbesondere der Österreicher Hugo Gerard Ströhl (1851–1919) als Kenner der kirchlichen Wappenkunde in Erscheinung.

 

 
Johannes XXIII.   Paul VI.
     
 
Johannes Paul I.   Johannes Paul II.

 

 

Hugo Gerard Ströhl, Heraldischer Atlas, 1899, Tafel IL

 

3. Die gültigen Gestaltungsregeln

Die persönlichen Amtswappen der Bischöfe sind mittlerweile gut geregelt; die Regeln werden weitgehend eingehalten. Dagegen existieren für Bistumswappen keine klaren Regeln, sondern man folgt heraldischen Usancen.

Das Wappen eines Bischof und auch eines Weihbischofs ist wie folgt aufgebaut:

 

 
Der Schild (scutum)   Das Vortragekreuz (crux)
     
 
Der Pilgerhut (galerus) mit Schnüren (lemnisci)
und Quasten (flocculi; »Fiocchi«)
  Die Devise

 

3.1 Ein Beispiel

Als Modell für die soeben erläuterten Symbole ist hier das 2011 geschaffene Amtswappen von Wolfgang Bischof, Titularbischof von Nebbi, Weihbischof in München und Freising abgebildet (Entwurf: Dieter Linder, Fürstenfeldbruck; künstlerische Gestaltung: Heribert C. Staufer, Kaufbeuren).

Amtswappen von Wolfgang Bischof,
Weihbischof in München und Freising

Die fachgerechte Beschreibung (Blasonierung) lautet: »Gespalten von Gold und Schwarz durch eine eingebogene rote Spitze, darin ein goldenes Christusmonogramm (Chi-Rho); vorne der schwarze Freisinger Mohr mit roter Krone, rotem Ohrring und roter Halskrause, hinten eine goldene Strahlensonne. Hinter dem Schild ein goldenes Vortragekreuz, überhöht von einem grünen Pontifikalhut mit beidseitig je sechs (1 : 2 : 3) an grünen Schnüren herabhängenden grünen Quasten, darunter ein silbernes Schriftband mit dem Wahlspruch ›SPERA IN DOMINO ET FAC BONUM‹.«

Die Symbolerklärung liest sich wie folgt:

 

3.2 Weitere Figuren

Als weitere heraldische Figuren können auftreten:

 

3.3 Besonderheiten

Die Wappen von residierenden Bischöfen und Weihbischöfen unterscheiden sich nicht, da es sich um denselben Weihegrad handelt. Es werden dieselben Rangabzeichen verwendet: grüner Pilgerhut, grüne Schnüre und je sechs Quasten auf jeder Seite.

Der feine Unterschied wird jedoch im Titel sichtbar:

 

Allerdings gibt es in manchen Bistümern traditionelle Unterschiede im Schildmotiv, z. B. Augsburg:

Die nachfolgenden Abbildungen, als Bildzitate der Website www.bistum-augsburg.de entnommen, zeigen den unterschiedlichen Verweis auf das Bistumswappen bei den residierenden Bischöfen und den Weihbischöfen:

 
Bischof Dammertz
(1993–2004)
  Bischof Mixa
(2005–2010)
     
 
Weihbischof Ziegelbauer
(1983–1998)
  Weihbischof Wörner
(seit 2012)

 

3.4 Eine aktuelle Ausnahme von der Regel

Der derzeitige Augsburger Bischof Zdarsa, der von Görlitz nach Augsburg transferiert wurde, änderte sein Wappen nicht. So finden sich im Wappen des heutigen Augsburger Bischofs keinerlei Hinweise auf das Bistum – nur die Farbsymbolik wird neu interpretiert: Grün = Sachsen, Blau = Bayern!

Konrad Zdarsa,
Bischof von Görlitz (2002–2010),
Bischof von Augsburg (2010–2019)

(Bildzitat von der Website des Bistums Augsburg)

 

3.5 Kardinäle

Dies ist ein Ehrentitel der katholischen Kirche ad personam, wobei allerdings Bischöfe bestimmter Bistümer gewohnheitsrechtlich immer die Kardinalswürde empfangen.

Korrektermaßen wird dieser Titels zwischen Vor- und Nachnamen gestellt, also z. B. »Karl Kardinal Lehmann«. Die protokollarische Anrede von Kardinälen lautet »(Eure) Eminenz«, bei Bischöfen hingegen »(Eure) Exzellenz«.

Die Kardinalserhebung bewirkt eine Änderung des Wappens. Der Amtsinhaber erhält die nach dem Papst höchsten Würdezeichen:

 

3.6 Zum Schluss ein klein wenig Farbverwirrung

Bei Kardinälen spricht man zwar von »Trägern des Kardinalspurpurs«, aber die heraldische Rangfarbe ist Rot.

Bischöfe tragen Leibschärpe (cingulum), Birett und Scheitelkäppchen (pileolus) in Violett, die heraldische Rangfarbe ist aber Grün.

 

 
Pileolus eines Bischofs   Pileolus eines Kardinals

 

 
Erzbischof Reinhard Marx

(Entwurf: Dieter Linder
Gestaltung: Heribert C. Staufer)
  Erzbischof Reinhard Kardinal Marx

(Entwurf: Dieter Linder
Gestaltung: Heribert C. Staufer)

 

4. Literaturhinweise

 

 

Stand: 13.05.2020

Copyright © Dieter Linder, Fürstenfeldbruck 2020

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